Am 5. Dezember ist der Internationale Welttag des Ehrenamtes

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In wenigen Wochen ist es wieder soweit: Das Ende des Jahres rückt näher und mit ihm die festliche Zeit von Weihnachten, die traditionell für Nächstenliebe und Zusammenkunft steht. In dieser Zeit rückt auch das Ehrenamt in den Fokus – eine Säule der Gesellschaft, die einen eigenen Gedenktag verdient.

Das Ehrenamt in Deutschland hat eine facettenreiche und lange Geschichte, die stark von gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Veränderungen geprägt ist. Diese Entwicklung ist von großem Interesse und verdient eine nähere Betrachtung.

Das Land NRW unterstützt das Ehrenamt mit der Ehrenamtskarte. Hinter dem folgenden Link erfahren Sie alles zu den Kriterien, wie Sie mit der Karte die Angebote öffentlicher, gemeinnütziger und privater Einrichtungen vergünstigt nutzen können:  Wie erhalte ich eine Ehrenamtskarte?

 

Industrielles Zeitalter

In der christlichen Kirche besteht eine lange Tradition darin, Armen zu helfen. Allerdings beschränkte sich diese Hilfe lange Zeit auf vereinzelte milde Gaben, die spontan, zufällig und punktuell waren. Die organisierte private Armenpflege durch ehrenamtliche Kräfte begann in Deutschland im Jahr 1788 mit der Gründung der Hamburger Armenanstalt durch den Kaufmann Caspar Voght. Er betrachtete die Unterstützung der Armen als eine Verantwortung, die die gesamte Gesellschaft tragen sollte.

In dieser großen Organisation waren etwa 200 Ehrenamtliche tätig, darunter Senats- und Ratsmitglieder sowie Ärzte und Lehrer. Sie leisteten in verschiedenen Stadtbezirken von Hamburg medizinische und wirtschaftliche Hilfe. Dieses ehrenamtliche Engagement hatte zum Ziel, die öffentliche Fürsorge zu ergänzen. Diese Initiative legte einen Grundstein für das heutige Sozialstaatskonzept.

Fast gleichzeitig, aber aus gänzlich anderen Gründen, entstand das politische Ehrenamt. Nach der Niederlage Preußens gegen Napoleons Armee im Jahr 1806 strebte König Friedrich Wilhelm III. nach Reformen, um sein geschwächtes Reich zu stabilisieren. Um die finanzielle Belastung zu mindern, zwang er wohlhabende Bürger dazu, öffentliche Ämter in der kommunalen Verwaltung ohne Bezahlung zu übernehmen. Der Begriff „Ehrenamt“ tauchte erstmals in der Preußischen Städteverordnung von 1808 auf.

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts, parallel zum Aufblühen des privaten Vereinswesens, entstanden die ersten wirklich freiwilligen Ehrenämter für eine immer breitere Bevölkerungsschicht. Diese Engagements fanden ihren Ausdruck in Wohlfahrtsverbänden, Sportvereinen sowie Frauen- und Arbeitervereinen – wie dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein, einem Vorläufer der heutigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Der Wunsch, Staat und Gesellschaft ohne Bezahlung mitzugestalten, wurde Ende des 19. Jahrhunderts zu einem breiten Anliegen.

 

Nazizeit und Nachkriegsjahre

Das Ehrenamt in Deutschland erlebte während der Zeit des Nationalsozialismus seinen Niedergang. Ab 1933 wurden nicht nur die politischen Parteien, sondern auch Vereine und Verbände durch die Nationalsozialisten gleichgeschaltet. Die Spendenbereitschaft wurde auf das sogenannte Winterhilfswerk fokussiert. Geld- und Sachspenden sollten Soldaten an der Front und bedürftige Familien unterstützen. Allerdings war das Sammeln für das Winterhilfswerk keinesfalls freiwillig. Personen, die sich weigerten, als Ehrenamtliche für das Winterhilfswerk zu sammeln, wurden sanktioniert – einige erhielten Geldstrafen und wurden sogar verhaftet.

Als in den 1950er Jahren in der Bundesrepublik Ehrenamtliche für die neu entstehenden Wohlfahrtsverbände von Tür zu Tür gingen, war die Skepsis gegenüber solchen Sammlungen aufgrund der Erfahrungen während der NS-Zeit weit verbreitet. Daher blieb das Sammeln von Spenden ein Ehrenamt, das nur wenig gesellschaftliche Anerkennung erfuhr.

Nach der Zwangsbeteiligung am Ehrenamt während der nationalsozialistischen Zeit gab es in der Nachkriegsperiode eine Neudefinition dessen, was das Ehrenamt bedeuten sollte und wie es genutzt werden konnte. Im Jahr 1957 wurde bei einer speziellen Tagung, die sich mit Werbung und Ethik befasste, die Aktion Gemeinsinn in der Evangelischen Akademie Bad Boll ins Leben gerufen. Ihr Ziel war es, das Ehrenamt in der Bundesrepublik Deutschland zu fördern – inspiriert von amerikanischen Vorbildern. Diese Initiative war ein wichtiger Schritt, um das freiwillige Engagement auf neue Weise zu gestalten und zu unterstützen, nachdem es zuvor durch den Zwang während der NS-Zeit stark beeinträchtigt worden war.

In den ersten Nachkriegsjahrzehnten erlebte auch das freiwillige Ehrenamt eine Wiederbelebung. Mit der Zeit begannen viele Verbände, ihre Strukturen zu professionalisieren. Dies führte dazu, dass Wohlfahrtsverbände vermehrt hauptamtliche Sozialarbeiter einstellten. Gleichzeitig entstanden neue informelle Bürgerinitiativen und Selbsthilfeprojekte, in denen Menschen mit ähnlichen Anliegen oder Sorgen selbst organisiert zusammenkamen.

Die größten ehrenamtlichen Bereiche von heute, wie Sport, Schule, Kultur, Kirche, Soziales sowie die freiwillige Feuerwehr und Rettungsdienste, waren bereits damals bekannt. Hingegen entstanden die Friedens- und Umweltbewegungen erst in den 1980er Jahren. Diese Bewegungen gaben dem politischen Engagement in Deutschland neuen Schwung.

 

Heutige Entwicklung

In Deutschland engagieren sich etwa 31 Millionen Menschen in einem Ehrenamt, und sie tun dies auf vielfältige Weise, um das Gemeinwohl zu fördern. Vom Kindesalter bis ins hohe Alter, von Tierschutz bis Umweltbewahrung, von der Ersten Hilfe bis zur Integration von Menschen – das Ehrenamt bietet zahlreiche Möglichkeiten, das soziale Miteinander zu bereichern. Durch dieses freiwillige Engagement können unterschiedlichste Lebenssituationen unterstützt und verbessert werden. Das Ehrenamt ist eine tragende Säule der Gesellschaft, die dazu beiträgt, das soziale Gefüge zu stärken und das gewohnte Leben in unserer Gesellschaft aufrechtzuerhalten.

Die Digitalisierung hat auch das Ehrenamt beeinflusst. Plattformen und soziale Medien bieten neue Möglichkeiten, sich zu engagieren und Gleichgesinnte zu finden. Es gibt dafür sogar teilweise von Bundesländern Digitalisierungsvorhaben umzusetzen. Ziel ist es möglichst die Maßnahmen, die im Schwerpunkt auf eine Digitalisierung im Bereich der internen Verwaltung / der inneren Struktur der Organisation abzielen, zu unterstützen. Hierzu zählen insbesondere die Mitgliederverwaltung und die interne Organisation (zum Beispiel digitale Vorstandssitzungen), die Optimierung von internen Prozessen oder die Kommunikation mit Ehrenamtlichen oder Mitgliedern.

Das Ehrenamt wird weiterhin als wichtiger Bestandteil der Gesellschaft anerkannt. Es gibt verschiedene Programme, Initiativen und staatliche Unterstützung, um ehrenamtliches Engagement zu fördern und zu würdigen. Zum Beispiel arbeiten bei der Tafel deutschlandweit 60.000 Ehren- und Hauptamtliche Helfer und Helferinnen. In Ibbenbüren sind es 65 Helfende.

Das Ehrenamt bietet Raum, um Talente und Fähigkeiten auszuleben und gleichzeitig einen Mehrwert für die Gemeinschaft zu schaffen. Viele sehen es als willkommene Abwechslung zum Job, als Bereicherung im Ruhestand oder sogar als persönliches Abenteuer und Chance zur Weiterentwicklung. Es ist eine Gelegenheit, Dankbarkeit zu erleben und gleichzeitig viel über sich selbst und die eigenen Stärken zu erfahren, um persönlich zu wachsen.

Die Gründe für ehrenamtliches Engagement sind vielfältig. Manche werden von persönlichen Beweggründen angetrieben. Engagierte suchen neue Freundschaften, pflegen politische Überzeugungen, entwickeln Fähigkeiten, steigern das Selbstwertgefühl, bauen Schuldgefühle ab, bedanken sich für erhaltene Hilfe oder erweitern ihr Wissen. Natürlich kann auch einfach die pure Freude an der Tätigkeit der Antrieb für ehrenamtliches Handeln sein. Unabhängig von den individuellen Beweggründen kann gemeinsam mit anderen viel Positives für die Mitmenschen bewirkt werden.

Wer noch keinen passenden Verein oder ein interessantes Angebot gefunden hat, hat die Möglichkeit, selbst einen Verein zu gründen und sich so in den Bereichen des Ehrenamts zu engagieren, die einen begeistern. Der Internetauftritt zum Deutschen Ehrenamt bietet zahlreiche Informationen rund um die Vereinsgründung.